Trotz begründeter Zweifel am Vergabeverfahren: Klimahaus-Betreiber verzichtet auf rechtliche Schritte

Der Geschäftsführende Gesellschafter der Klimahaus-Betriebsgesellschaft, Arne Dunker, wird keine weiteren rechtlichen Schritte gegen die Neuvergabe des Betreibervertrages durch die Bremerhavener Entwicklungsgesellschaft Alter und Neuer Hafen (BEAN) unternehmen. „Renommierte Vergaberechtler halten zwar die Vergabeentscheidung für rechtswidrig, ich möchte aber den Beschäftigten und dem Klima-haus selbst die Unsicherheit eines sich über Monate hinziehenden Verfahrens ersparen“, sagt Dunker. Zudem sei die Vertrauensbasis in einer Weise beschädigt, dass auch im wahrscheinlichen Fall einer erfolgreichen
Beschwerde vor dem Oberlandesgericht eine weitere 15jährige Zusammenarbeit nicht vorstellbar
sei. „Ich bedaure diesen Schritt sehr, weil ich das Klimahaus über fast 23 Jahre mit entwickelt
und mit großer Leidenschaft geleitet habe.“

Mit dem Verzicht auf Rechtsmittel endet für Dunker im kommenden Sommer ein Engagement, das weit über die reine unternehmerische Arbeit hinaus ging: „Das Klimahaus ist Teil meiner Familie und saß über all die Jahre jeden Tag mit am Abendbrottisch.“ Eine besondere Bedeutung hatte für Dunker zudem, „dass die Zusammenarbeit mit der Wissenschaft von Beginn an ein integraler Bestandteil der erfolgreichen Arbeit war“. Zunächst steuerte er als Projektleiter die Entwicklung und den Bau der didaktisch fundierten Erlebnisausstellung. Weit vor der Fertigstellung und Eröffnung im Juni 2009 übernahm er zudem als Geschäftsführender Gesellschafter die Verantwortung für den Betrieb der weltweit einzigartigen Institution. „Von Anfang an bis heute haben wir alle Anforderungen übererfüllt, die die Stadt an das Klima-haus gestellt hat“, zeigt sich Dunker zufrieden.

Mit bislang mehr als 6,5 Millionen Besuchern ist das Haus die zugkräftige Ankerattraktion für die Stadt; rund um die Ausstellung entstanden 130 direkte dauerhafte sowie mehrere 100 indirekte Arbeitsplätze; in all den Jahren benötigte das Klimahaus – anders als andere Touristenattraktionen in den Havenwelten – keine Betriebskostenzuschüsse der Stadt; einer von der BEAN in Auftrag gegebenen Studie zufolge wurden die Entstehungskosten des Klimahauses innerhalb weniger Jahre durch fiskalische Effekte refinanziert.

Umso mehr wundert sich Arne Dunker, dass jetzt wirtschaftliche Gründe ausschlaggebend für die Entscheidung der BEAN und des Magistrates für einen Betreiberwechsel gewesen sein sollen. Die BEAN hatte die Ausschreibung als so genanntes Verhandlungsverfahren gestaltet, in dem wirtschaftliche Aspekte zu 40 Prozent und die Konzepte zur Weiterentwicklung des Klimahauses zu 60 Prozent in das Vergabeergebnis einfließen sollten. Dass die derzeitige Klimahaus-Betriebsgesellschaft das mit großem Abstand beste inhaltliche Konzept vorgelegt hatte, bestätigte auch die Vergabekammer des Landes Bremen in ihrer Prüfung der Vergabeentscheidung.

„Vor diesem Hintergrund stellt sich für mich die Frage, warum die BEAN mit mir in allen mündlichen Verhandlungen während des Verfahrens nicht über die wirtschaftlichen Parameter gesprochen hat“, sagt Dunker. Der designierte neue Klimahaus-Betreiber hatte Medienberichten zufolge der Stadt einen Anteil von 97 Prozent am Gewinn angeboten – wobei ein Wirtschaftsplan, aus dem die Höhe des tatsächlich an-gestrebten Gewinns hervorgeht, gar nicht abgefragt wurde.

Weitere Zweifel an dem Vergabeverfahren bestehen aufgrund der Tatsache, dass die Bewertung der Angebote nicht von Fachleuten aus Marketing, Pädagogik und Wissenschaftskommunikation vorgenommen wurde. Das Vergabeverfahren sei der großen Bedeutung des Klimahauses für den Standort Bremerhaven schlichtweg nicht gerecht geworden, so Dunker. Die Fraktionsvorsitzenden, die dem Aufsichtsrat der BEAN angehören, hatten es abgelehnt, sich von Dunker über das komplexe inhaltliche Konzept für das Klimahaus informieren zu lassen.

Andere Bedenken betreffen die obligatorische Prüfung, ob Bewerber ausreichende Qualifikationen für die ausgeschriebene Leistung mitbringen. Dienstleistungskonzessionen wie der Betrieb des Klimahauses dürfen laut Vergaberecht nur an geeignete Bewerber vergeben werden. Der designierte künftige Betreiber, der persönlich nicht im Klimahaus tätig werden will, war über den so genannten Newcomer-Passus als Bewerber ohne ausreichende Referenzen zugelassen worden. Neben seiner Person hatte er als Indiz für seine Erfahrung lediglich eine kleine, auf Betriebsfeiern und ähnliche Veranstaltungen ausgerichtete Event-Agentur angegeben.

Angesichts der vielfältigen Anforderungen sei es eine mutige Entscheidung der BEAN, auf langjährige Erfahrung mit dem Betrieb einer komplexen wissensbasierten Besuchereinrichtung zu verzichten.

Bis zu seinem Ausscheiden aus dem Klimahaus spätestens zum 30. Juni 2024 steht Dunker nun vor einer außergewöhnlichen Gratwanderung – einerseits will er sein Lebenswerk so tadellos übergeben, wie er es seit 2009 erfolgreich betrieben hat. Andererseits muss er parallel dazu die jetzige Klimahaus-Betriebsgesellschaft abwickeln. „Mir ist noch unklar, wie das ohne vorübergehende Schließungen des Hauses funktionieren soll.“